Auszug aus dem Buch: "Die Geschichte
der ostpreußischen Familie Gusovius einschließlich ihres geadelten
Zweiges" von Dr. Paul Gusovius, erweitert und herausgegeben von
Albrecht v. Gusovius 1982.
Der Name „Gusovius“
Wir
schreiben unseren Namen Gusovius mit einem „v“, früher bis etwa 1914 noch mit
einem langen (s) „s“ in der Mitte, das seither in der Rechtschreibung
nicht mehr gebräuchlich ist. Mag selbst in öffentlichen Urkunden älteren oder
neueren Datums unser Name mit einem kurzen „s“ in der Mitte oder einem „w“
geschrieben sein, so handelt es sich dennoch stets um Glieder derselben
Familie. Da die Träger unseres Namens stets
blutmäßig miteinander verbunden sind, - das dürfte auch für die erst 1946
bekannt gewordene Litauische Linie zutreffen, wenn hiefür auch der urkundliche
Beweis noch fehlt, - ist unser Namensverband zugleich ein Bluts- oder
Familienverband.
Keine
Verwandtschaft besteht dagegen mit Trägern ähnlich klingender Namen, wie
Gisewius oder Gudovius. Dadurch, dass unser Name nur einmal vertreten ist, wird
die Familienforschung wesentlich erleichtert.
Dass
wir früher, wie es die mündliche Überlieferung besagt, den Namen Gusowski
geführt haben und dass diese mündliche Überlieferung an Hand von gefundenen
Urkunden sich als richtig erwiesen hat, ist schon zuvor dargelegt worden;
ebenso dass die Schreibweise wechselt und der frühere Name mit Gusovski,
Guzewski und Gusewski in der Presbyterologie von Quandt angegeben ist. Die
wechselnde Schreibweise ist darauf zurückzuführen, dass in der slawischen
Sprache das „z“ meistens wie ein „s“ ausgesprochen wird. Folgt dagegen auf das
„z“ der Vokal „e“, so wird das „z“ oftmals wie ein „j“ (in Journal)
ausgesprochen und das „e“ wandelt sich bei der Aussprache in ein „o“: Guzewski
also = Gujowski. Richtig ist es auch, dass der früher geführte Name ein „w“,
weil es zum Wortstamm gehört, aufweist, während bei der Latinisierung des Namens
dieses „w“ besser in ein „v“ verwandelt
wird, da in der lateinischen Sprache ein „w“ mitten im Wort kaum gebräuchlich
ist.
Bei
den Eintragungen von Quandt wird man vielleicht vermissen, dass dem früher
geführten Namen Guzewski, bzw. Gusowski nicht das Adelsprädikat „von“
vorgesetzt ist. Diese Fehlen des Adelsprädikats ist aber gleichfalls richtig;
denn bei dem in Polen registrierten Adel gibt es den in Deutschland üblichen
Zusatz des „von“ nicht.
Wer
zum polnischen Adel gehört, ist seiner Zeit durch Aufnahme in den polnischen
Adelskalender festgelegt worden. Dadurch sind die Adelsfamilien den Polen als
solche allgemein bekannt. Da diese Kenntnis jedoch außerhalb Polens nicht
vorhanden ist, pflegten Edelleute aus Polen, um ihren Adel auch im Auslande zu
dokumentieren, ihrem Namen in Deutschland das hier übliche Adelsprädikat „von“
vorzusetzen. Hiervon haben unsere Vorfahren wohl deshalb abgesehen, weil sie
ihren Namen ja nicht unverändert weiterführen, sondern mit der Latinisierung
gleichzeitig eine Namensänderung – sei es auch nur in der Endsilbe –
vorgenommen haben.
Erwähnt
worden ist auch bereits, dass die Namensänderung bald nach 1600 von unseren
Vorfahren und zwar aus Anlass ihrer Immatrikulation bei der Universität
Königsberg vorgenommen worden ist.
Einzugehen
wäre aber wohl noch darauf, dass der Anfangsbuchstabe unseres Namens in manchen
alten handschriftlichen Urkunden verschnörkelt geschrieben so aussieht, als
handele es sich um ein „CH“ statt eines „G“, so dass man zunächst glauben
könnte, unser Name hätte unter Umständen Chusowski gelautet. Bei eingehender
Betrachtung solcher Urkunden wird man jedoch nach anfänglichen Zweifeln stets
sehr bald zu der Überzeugung kommen, dass diese Annahme nicht berechtigt ist.
Denn der Name ist in der selben Urkunde später von anderer Hand geschrieben deutlich
mit Gusowski wiedergegeben, er kann demnach auch nur so, wie wir ihn schreiben,
ein „G“ als Anfangsbuchstaben gehabt haben.
Auf
die früheren Ausführungen kann auch insofern noch Bezug genommen werden, dass Träger
unseres alten Namens Gusowski in recht großer Zahl in Masuren zu allen Zeiten
von etwa 1400 an bis zur Gegenwart anzutreffen sind. In dem Dorf Muntinen des Kreises Sensburg – in letzter
Zeit auch Moytienen geschrieben, das nicht mit dem gleichnamigen Ort bei
Kobulten, Kirchspiel Pfaffendorf zu verwechseln ist und als Wohnplatz früherer
Familienmitglieder nicht in Betracht kommt, - haben Träger des Namens Gusovius
und Gusowski sogar zur gleichen Zeit von 1659 bis 1710 und im gleichen Dorf
zusammen gewohnt. Es kann mit Sicherheit angenommen werden, dass eine entfernte
Verwandtschaft zwischen Familien besteht, selbst wenn die betreffenden Familien
damals sich dessen vielleicht nicht einmal bewusst gewesen sind. Denn die
Namensabweichung in der Endsilbe ist doch nur darauf zurückzuführen, dass
damals nur einige Vorfahren die Latinisierung um 1600 durchführte, während die
anderen Familien ihren ursprünglichen Namen beibehielten.
Welchen
Sinn der in beiden Namen Gusovius und Gusowski enthaltene gleiche Wortstamm
haben kann, darüber sind bisher oft Erwägungen angestellt worden, ohne dass sie
zu einem klaren und befriedigenden Ergebnis geführt haben. Manche
Familienangehörige glaubten, den Wortstamm unseres Namens mit dem überkommenen
Wappen in Verbindung bringen zu können, weil dieses ihrer Meinung nach zwei
Gänse – und nicht zwei Schwäne – aufweise und weil auch wir die Gänse mit „Guse“,
wie aus der Wendung „Guse, Guse Gänschen“, ansprechen. Diese Annahme ist aber
doch in mehrfacher Hinsicht nicht richtig. Zunächst wäre darauf hinzuweisen,
dass die Gans im Polnischen, wie auch oft angenommen wird, gar nicht „gus“
heißt, sondern „ges“ – gesprochen „gensch“.
Ferner lässt sich, - was im nächsten Abschnitt über das Wappen dargelegt
werden soll, nachweisen, dass unsere Familie schon ihren Namen trug, als sie
ein ganz anderes Wappen, die Hausmarke mit dem Baumstamm führte. Der Name ist
danach älter als das angebliche Gänsewappen und kann daher auch nicht von dem
Wappen entlehnt sein.
Nachdem
mit Sicherheit angenommen werden kann, dass unsere Familie aus dem Geschlecht
Uchacz-Gusowski hervorgegangen ist, von dem berichtet wird, dass es seinem
Namen den Zusatz aus Guzow stammend (= Gusowski) stets hinzuzufügen pflegte,
kann die Frage nach der Bedeutung des Wortstamms unseres Namens ohne Zweifel
als dahingeklärt betrachtet werden, dass der Wortstamm den Herkunftsort unserer
Familie bezeichnet. Der Name weist also auf den Stammsitz unserer Familie, den
Ort Guzow hin.
Was
aber das Wort Guzow selbst bedeutet, soll auch noch aufgeklärt werden. Dass es
sich hierbei um einen Wortstamm slawischen Ursprungs handeln kann, dürfte nach
allem einem Zweifel wohl nicht unterliegen. Da in der russischen Sprache „gus“
die Gans, „gusi“ die Gänse und „Gusow“ der Gänse heißt, wird man auch den
Wortstamm entsprechend deuten müssen. Der Name Gusowski ist demnach, da es sich
um einen Adeligen handelt, in „Herr von Gusow“ oder bei restloser Verdeutschung
in „Herr vom (oder aus dem) Ort der Gänse“ und bei freier sinngemäßer Übertragung
in „Herr von Gänsegut“ zu übersetzen.
Bei
dieser Deutung kann vielleicht der Hinweis auf die russische sprachliche
Verwandtschaft überraschen. Dass solche Zusammenhänge bestehen können, wird
durch eine Eintragung im Deutschen Stamm- und Wappenbuch von Siebmacher bei dem
Adel der Ostseeprovinzen betätigt. Hier ist ein A. v. Guzewski ( = v. Gusewski)
als Staatsrath und Chef der I. Abteilung des Kameralhofes in Miltau 1894
erwähnt. Gleichzeitig ist gesagt, dass eine Familie von Guzowski, die zum
immatrikulierten Russischen Adel gehört, das polnische Stammwappen Jastrzebiec
führt. Danach werden Träger des Namens von Guzewski von Polen aus wohl auch
noch in das zu Russland gehörige Gebiet von Kurland seiner Zeit gewandert sein.
Ob etwa die Familie von Guzowski kein echter Spross des Landes Polen, sondern
in alten Zeiten auch erst nach Masovien aus dem weiten russischen Raume – also
nach Polen eingewandert ist, bleibt eine offene Frage.
Für
die ursprüngliche russische Abstammung der in Polen zahlreich vertretenen
Familien mit dem alten Namen sprechen drei gewichtige Gründe: Die Eintragung
einer Familie von Guzowski im russischen Adelskalender, die Zugehörigkeit des
Namenswortstammes Guzow zur russischen Sprache (gus = russisch die Gans,
dagegen ges = polnisch die Gans) und das Vorkommen russischer Familien mit
gleichem Namen noch heute in der Gegenwart. Es sei nur auf zwei prominente
Vertreter unserer Zeit, die gebürtige Russen sind, hingewiesen: Die bekannte
Tanzpädagogin und Balettmeisterin Tatjana Gsowski (das im Namen fehlende „u“
ist verschluckt) und den Sowjetbotschafter Fjodor Gusow, der seit 1945 als
Ostseeexperte in Stockholm tätig war. Die hier aufgeworfene Frage wird, zumal
ihre Aufklärung weit in die Vergangenheit zurückreicht, wohl nur von einem
Slawisten zutreffend beantwortet werden können.
Die
Vermutung, dass unser Name etwas mit „Gänsen“ zu tun habe, ist also an sich
schon richtig. Die Deutung darf nur nicht aus dem Wappen hergeleitet werden;
sie hat vielmehr nach dem Stammsitz unserer Familie, dem Ort Gusow, zu erfolgen.
Dieser Ort hat seinerzeit seine Bezeichnung wohl deshalb erhalten, weil es in
ihm – wie überhaupt in Polen – besonders viele Gänse gegeben haben wird. Aus
dem Ortsnamen ist also unser Familienname ursprünglich entstanden und später
dann noch latinisiert worden.
Abschließend
sei noch bemerkt, dass der Name Gusow als Ortsbezeichnung recht oft vor allem
in Polen anzutreffen ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das
Adelsgeschlecht der Gusowski, wie aus polnischen Chroniken hervorgeht, sich als
Kolonisator von Ortschaften stark betätigt hat. Über 60 Ortschaften in Polen
weisen diesen Namen in Verbindung mit Zusätzen nach polnischen
Gemeindeverzeichnissen auf. Am bekanntesten unter den polnischen Ortschaften
mit diesem Namen dürfte wohl die Eisenbahnstation Ruda Gusowska westlich von
Warschau sein. Sie liegt an der Warschau-Wiener Strecke. Aber auch in
Deutschland gibt es einen Eisenbahnknotenpunkt Gusow ostwärts Berlin an der
Ostbahn. Irgendwelche Beziehungen unserer Familie zu diesem Ort in Deutschland
bestehen aber nicht. Ob seine Gründung auch auf einen Gusowski zurückzuführen
ist, bedarf noch der Aufklärung, wäre aber an sich durchaus interessant. Der
älteste Ort dieses Namens scheint der Stammsitz der Gusowski´s im Kreis Sierps
gewesen zu sein. Da dorthin die Verbindungslinien von unserer Familie aus verlaufen,
ist dieser Ort Gusow auch als Herkunftsort unserer Familie aus den zuvor schon
dargelegten Gründen anzusehen.
Wo
der Stammsitz der Gusowski´s im Kreise Sierps gelegen hat, darüber gibt keine
Chronik zurzeit irgendwelche Kunde. Es kann nur vermutet werden, dass die
beiden Güter des Ahnherren der Gusowski Bondzyn und Gusow benachbart gewesen
sein werden, wie dies aus Gründen einer besseren Bewirtschaftung auch sonst
sehr oft der Fall war. Da der Ort Osowka an Bondzyn angrenzt, spricht eine
gewisse Vermutung dafür, dass aus dem Stammsitz Gusow das Dorf Osowka
entstanden sein wird. Vielleicht könnte eine Ortschronik von Osowka die
Richtigkeit einer solchen Vermutung bestätigen.